November 1918. Der
Erste Weltkrieg ist beendet, doch wie bekommt man den Krieg aus
den
Menschen heraus? Während
sich die Revolution von Kiel aus über ganz Deutschland
ausbreitet,
sitzt Rosa Luxemburg im
Gefängnis in Breslau und disputiert mit Satan höchstpersönlich
über
Himmel, Hölle und das Böse
in der Welt. Der Lehrer und Kriegsveteran Friedrich Becker fragt
nach dem Recht der Toten
gegenüber den Lebenden und droht an seiner Schuld zu zerbrechen.
Die revolutionäre
Arbeiterin Minna kämpft einen zum Scheitern verurteilten Kampf,
weil sie
keine Wahl hat. Karl
Liebknecht liest Miltons PARADISE LOST. Ist der Mensch überhaupt
fähig,
ein neues Paradies zu
schaffen oder ist das Böse der Preis der menschlichen Freiheit?
taz vom
06.02.2019
Vom Leiden verlorener
Seelen: Das Theater Osnabrück zieht mit „Rosa und Karl“ ein
gelungenes
Drama aus Alfred Döblins
Roman „November 1918. Eine deutsche Revolution“.
Tiefe Schwärze. In
ihr Schritte, direkt auf uns zu. Licht flammt auf, blendend
grell. Vor ihm, wie
zerfasert, geisterhafte
Silhouetten. Ein blutroter Pfeil befiehlt uns hinein in einen
blutroten
Trichter. Eine Stimme
sagt: „Ich liebe die Toten.“ Erst wenige Augenblicke von „Rosa
und Karl“
sind vergangen, und schon
ist dennoch klar: Die junge Regisseurin Sophia Barthelmes wird
den
Schlussband der
monumentalen Roman-Tetralogie „November 1918. Eine deutsche
Revolution“
von Alfred Döblin mit
Klugheit und Mut meistern.
[...]
Die Radikalität, mit der
Barthelmes Döblins obsessives, fast bis zur Unlesbarkeit
ausuferndes
Zeitgemälde
zusammenstreicht, neu ordnet, collagiert, ist herausfordernd:
Was sie als Osna-
brücker Bühnenfassung
„Rosa und Karl“ aus ihm extrahieren, hat Kraft. Knapp anderthalb
Stunden nur, und das Werk
ist getan: Das Doppel-Psychogramm von Luxemburg und Lieb-
knecht ist erzählt. Der
Bogen vom Front-Horror des Ersten Weltkriegs zum
Nationalsozialismus
ist geschlagen.
[...]
Eine Theaterschlacht
schlägt Barthelmes dafür nicht. Kein Blut ist zu sehen, kein
Gewehrkolbenstoß.
Seelenlandschaften breitet sie vor uns aus.
"Etwas Dunkles zog in
Europa herauf" von Werner Hülsmann
Neue Osnabrücker
Zeitung
Kämpferisch,
emotional, sozial und richtungsweisend kommt „Rosa und Karl“
nach Alfred
Döblins „November 1918“
daher. Das Premierenpublikum war beeindruckt von höllisch
dichten, durchaus
fordernden 84 Spielminuten. Es lohnt sich, in diesem rot
schimmernen
„Hotel Eden“ einzuchecken
und den (Un)toten der Revolution von 1918 zwischen Himmel und
Hölle staunend zu
begegnen.