MAUSER
von Heiner Müller Kampnagel Hamburg
„Wozu das Töten und wozu das Sterben, wenn der Preis der Revolution die Revolution ist.“ Ein Revolutionär soll 1917 in Russland im Namen der Revolution seiner eigenen Erschießung zustimmen.
Was ist ein Individuum, ein Gesicht wert - verglichen mit der Möglichkeit einer besseren Zukunft? Welches Geschlecht bestimmt, wie Zukunft aussehen soll? Bewaffnung der Frauen oder Entwaffnung der Männer – „Mein Geschlecht der Revolver.“ Die Textinstallation MAUSER sucht nach dem ungesagten Text der (noch) nicht stattgefundenen Revolutionen. Um schwarz-weiße Garderobe wird gebeten.
Die Verbrüderung aller Menschen dieser Welt wird nur durch den Kitsch zu begründen sein. (Milan Kundera)
Mit: Marlene-Sophie Haagen, Erla Prollius, Zora Fröhlich, David Lau, Yannik Meyer, Sebastian Praße
Regie: Sophia Barthelmes
Bühne: Anja Zihlmann
Kostüm: Anthoula Bourna
Licht: Michael Klatt
Dramaturgie: Katharina Fröhlich
Assistenz: Jule Bökamp
© Andreas Schlieter
"Mauser von Heiner Müller auf Kampnagel" von Heide Soltau
Eine beeindruckende, mutige Arbeit. [...] Die Geschichte/unsere Geschichte beruht auf einer Abfolge von Kriegen. Wir sind umzingelt von Toten. Das erleben wir, das Publikum, ganz unmittelbar, wir sind Teil des Bühnengeschehens. Umspielt von den SchauspielerInnen, sitzen wir auf weißen Kissen auf dem Boden. Auf den Zuschauerrängen sieht man statt Menschen die Jahreszahlen von Kriegen. [...] Die Organza-Schleifen könnten die Tränen über die Toten sein - die Zuschauer sitzen in einem Meer von Tränen.
Das Setting erinnert an ein Gemälde von Hieronymus Bosch. Sophia Barthelmes hat mit ihrer Inszenierung auch eine Installation geschaffen, in die sie das Publikum integriert. [...] Die Regisseurin geht damit ein hohes Risiko ein. Ihre Arbeit lässt niemanden kalt, sie setzt nicht auf schnelle Zustimmung. Das haben die kontroversen Diskussionen im Anschluss an die Aufführung gezeigt.
[...] Heiner Müller ist immer schwere Kost, sein Mauser gehört sicher zu den schwerstverdaulichen, gleichwohl aber sehr aktuellen Stücken. Sophia Barthelmes hat den Mauser nicht platt in die Gegenwart transformiert, etwa mit Fotos oder Videos von Selbstmordattentätern, die ja auch vorgeben, für einen ‚guten Zweck’ zu morden. Ihr Bezug sind Zeichen und ikonografische Bilder sowohl aus der Kunstgeschichte als auch aus der Religion. So schafft sie einen reichen Resonanzraum.