ROSA UND KARL (UA)
nach Alfred Döblins Tetralogie "November 1918" in einer Fassung und Regie von Sophia Barthelmes, Theater Osnabrück
November 1918. Der Erste Weltkrieg ist beendet, doch wie bekommt man den Krieg aus den Menschen heraus? Während sich die Revolution von Kiel aus über ganz Deutschland ausbreitet, sitzt Rosa Luxemburg im Gefängnis in Breslau und disputiert mit Satan höchstpersönlich über Himmel, Hölle und das Böse in der Welt. Der Lehrer und Kriegsveteran Friedrich Becker fragt nach dem Recht der Toten gegenüber den Lebenden und droht an seiner Schuld zu zerbrechen.
Die revolutionäre Arbeiterin Minna kämpft einen zum Scheitern verurteilten Kampf, weil sie keine Wahl hat. Karl Liebknecht liest Miltons PARADISE LOST. Ist der Mensch überhaupt fähig, ein neues Paradies zu schaffen oder ist das Böse der Preis der menschlichen Freiheit?
Mit: Elisabeth Rieß, Hannah Walther Thomas Kienast, Florian Kleine, Mick Riesbeck
Ausstattung: Anthoula Bourna
Dramaturgie: Marie Senf
Assistenz: Malte Schwoch, Christina Deinsberger
Regie: Sophia Barthelmes
© Uwe Lewandowski
Kritik
"Hotel der Zombies" von Harff-Peter Schönherr
taz vom 06.02.2019
Vom Leiden verlorener Seelen: Das Theater Osnabrück zieht mit „Rosa und Karl“ ein gelungenes
Drama aus Alfred Döblins Roman „November 1918. Eine deutsche Revolution“.
Tiefe Schwärze. In ihr Schritte, direkt auf uns zu. Licht flammt auf, blendend grell. Vor ihm, wie
zerfasert, geisterhafte Silhouetten. Ein blutroter Pfeil befiehlt uns hinein in einen blutroten
Trichter. Eine Stimme sagt: „Ich liebe die Toten.“ Erst wenige Augenblicke von „Rosa und Karl“
sind vergangen, und schon ist dennoch klar: Die junge Regisseurin Sophia Barthelmes wird den
Schlussband der monumentalen Roman-Tetralogie „November 1918. Eine deutsche Revolution“
von Alfred Döblin mit Klugheit und Mut meistern.
[...]
Die Radikalität, mit der Barthelmes Döblins obsessives, fast bis zur Unlesbarkeit ausuferndes
Zeitgemälde zusammenstreicht, neu ordnet, collagiert, ist herausfordernd: Was sie als Osna-
brücker Bühnenfassung „Rosa und Karl“ aus ihm extrahieren, hat Kraft. Knapp anderthalb
Stunden nur, und das Werk ist getan: Das Doppel-Psychogramm von Luxemburg und Lieb-
knecht ist erzählt. Der Bogen vom Front-Horror des Ersten Weltkriegs zum Nationalsozialismus
ist geschlagen.
[...]
Eine Theaterschlacht schlägt Barthelmes dafür nicht. Kein Blut ist zu sehen, kein
Gewehrkolbenstoß. Seelenlandschaften breitet sie vor uns aus.
"Etwas Dunkles zog in Europa herauf" von Werner Hülsmann
Neue Osnabrücker Zeitung
Kämpferisch, emotional, sozial und richtungsweisend kommt „Rosa und Karl“ nach Alfred
Döblins „November 1918“ daher. Das Premierenpublikum war beeindruckt von höllisch
dichten, durchaus fordernden 84 Spielminuten. Es lohnt sich, in diesem rot schimmernen
„Hotel Eden“ einzuchecken und den (Un)toten der Revolution von 1918 zwischen Himmel und
Hölle staunend zu begegnen.